(FREE)STYLE – ST. MORITZ IST EIN GUTER NÄHRBODEN

Im März 2025 blickt die Freestyle-Welt nach St. Moritz. Die FIS Freestyle WM findet auf den Bergen Corvatsch und Corviglia statt. Die Athletinnen und Athleten sind jung und wild – und einige auch unkonventionell und rebellisch. So wie damals in den 80ern und 90ern, als Snowboarden aufkam und das Engadin zum Boarders Valley wurde. Eine Geschichte über Style und den frühen Freestyle-Spirit von St. Moritz.
vonFranco Furger (Text), Filip Zuan (Photos) Marc Welschinger (Video)

Franco Furger wuchs im Engadin auf und tourte als Profi-Snowboarder um die Welt. Später arbeitete er als Organisator des Freestyle World Cups am Corvatsch. Heute ist er freischaffender Texter und Autor. Auch Fotograf Filip Zuan ist im Engadin aufgewachsen. Für das Projekt (free)STYLE fotografierte er junge Freestyle-Athleten, während Marc Welschinger die Athleten mit der Kamera begleitete.

WATCH VIDEO

An einem sonnigen Februartag im Jahr 1990 sah ich zum ersten Mal eine 720-Grad-Drehung. Wie jeden Mittwochnachmittag war ich mit meiner Crew auf der Corviglia unterwegs, unter den Füssen hatten wir schwere Bretter, kein Vergleich zu den heutigen Snowboards, was uns aber nicht davon abhielt, über jede Kante zu springen und an unsere Boards zu greifen. Doch was wir an jenem Tag sahen, war eine andere Dimension. Ein Seven-Twenty! Gesprungen von keinem Geringeren als Craig Kelly, dem Superstar aus Amerika. Wir kannten ihn aus Magazinen und Filmen auf VHS-Videokassetten – seine Backside-Airs waren unglaublich – und nun konnten wir jungen Engadiner ein paar Runden mit ihm drehen. Danach wollten wir auch Snowboardprofis werden.

Craig Kelly und alle anderen, die damals Rang und Namen hatten, waren nach St. Moritz gekommen, um am Snowboard World Cup zu zeigen, dass ihr Sport mehr war als nur eine Modeerscheinung. Und der Event in St. Moritz setzte tatsächlich neue Massstäbe in Europa. Snowboarden wurde zu einem globalen Phänomen und zu einer einflussreichen Trendsportart. Ein unvergleichlicher Höhenflug begann, eine goldene Ära. Und das Engadin und seine Snowboarder:innen waren mittendrin und wichtige Treiber in der Entwicklung dieses jungen und wilden Sports.

STYLE MATTERS

Heute wirbeln Snowboarder und Freeskier vier, fünf oder sogar sechs Mal um die eigene Achse. Einfach verrückt. «Spin to Win», sagten wir bereits zu meiner Aktivzeit leicht abschätzig, wenn derjenige mit den meisten Drehungen nicht unbedingt den Sieg verdient hatte. Denn beim Freestylen geht es nicht nur um die Anzahl der Drehungen, sondern auch – oder vor allem – um den Style. Das war früher so und gilt bis heute.

Doch was genau ist Style? Eine mögliche Antwort ist, komplizierte Tricks simpel aussehen zu lassen. Aber Style ist mehr als das. Es geht um den Flow der Bewegungen, die Kunst, das Brett zu greifen und sich dabei zu verdrehen, im Freestyle-Jargon «Tweak» und «Bone» genannt. Natürlich ist Style individuell und auch Geschmackssache. Einige Freestyler entwickeln darum ihren ganz persönlichen und unverwechselbaren Style – und werden so zu Social-Media-Stars.

FOTOS FÜR ST. MORITZ

Für den Engadiner Fotografen Filip Zuan ist Style die Essenz des Freestyle-Sports, «der Grund, warum ich Snowboarder und Freeskier gerne fotografiere und so oft wie möglich im Schnee bin». In seinem langjährigen Schaffen als Actionsport-Fotograf hat sich Zuan intensiv mit dem Begriff Style auseinandergesetzt. Für sein neuestes Projekt – er nennt es (free)STYLE – arbeitete er mit jungen Talenten zusammen. «Ihren Charakter und persönlichen Style einzufangen, war mein Ziel. Deshalb sind die Bilder auf die Bewegung der Rider reduziert, gleichzeitig wollte ich die Dynamik des Freestyles zeigen.» Entstanden ist eine kunstvolle und farbstarke Bilderserie. Zu sehen sind die Fotografien ab Anfang März an verschiedenen Plakatstellen in ganz St. Moritz.

Nalu Nussbaum

Andri Heimoz

Fernanda Becker

Moreno Baumann

Mona Danuser

Daniel Lanz

Nalu Nussbaum

Andri Heimoz

Fernanda Becker

Moreno Baumann

Mona Danuser

Daniel Lanz

Nalu Nussbaum

Andri Heimoz

Fernanda Becker

Moreno Baumann

Mona Danuser

Daniel Lanz

RETO LAMM

Zurück ins St. Moritz der 90er Jahre. Neben Craig Kelly sorgte ein gewisser Reto Lamm für Aufsehen am Snowboard World Cup. Der junge Pontresiner konnte mit den Amerikanern mithalten und stieg zu einem der ersten und einflussreichsten europäischen Snowboardprofis auf. Er wurde Halfpipe-Vizeweltmeister und Gewinner der ersten Austragung des legendären «Air & Style»-Contests in Innsbruck. Bekannt wurde er auch als «Stuntman» in Willy-Bogner-Filmen. Nach seiner Aktivzeit wirkte Reto Lamm als Netzwerker und Organisator von Snowboard-Grossveranstaltungen, die unabhängig von der FIS funktionierten.

St. Moritz war sicher ein guter Nährboden für Snowboard-Pioniere, denn Schrilles und Schräges war man sich hier gewohnt. St. Moritz tickte schon immer ein wenig anders und zeigte sich offen für Neues. So war man als Snowboarder willkommen an den Skiliften und wurde bereits in den frühen 80ern anstandslos befördert, während andernorts die komischen Brettsportler verboten waren, weil sie mit ihren Carving-Schwüngen die Pisten kaputt machen würden.

GIAN PAUL SCHMIDT

Einer, der den Carving-Schwung früh beherrschte, war Gian Paul Schmidt. Er lebte das Snowboarden in allen Facetten und stellte 1988 einen Weltrekord im Speed-Snowboarden auf (124,137 km/h.) Später gründete er mit Benny Sacks einen Snowboardshop in St. Moritz und förderte Talente im Tal. Daraus entstand die erfolgreiche «Boarders Valley»-Crew um Michi Albin und Dani Sappa. Es war auch Gian Paul Schmidt, der von einem amerikanischen Farmer die erste funktionierende Halfpipe-Fräse importierte und an Skigebiete in Europa verkaufte. Natürlich hatte auch St. Moritz eine «PipeDragon» und ab Mitte der 90er bis zur Ski-WM 2003 eine der besten und längsten Halfpipes der Alpen.

MICHI ALBIN

Das Niveau der einheimischen Rider steigerte sich dadurch schnell. Michi Albin stieg zum Superstar auf, er gewann hochdotierte Big-Air-Contests und war Mitglied des Burton-Global-Teams, eine erlesene Auswahl der weltbesten Snowboarder. Auch Dani Sappa, bekannt als Style-Master, feierte internationale Erfolge und realisierte zahlreiche Film- und Fotoprojekte. Daneben gäbe es noch viele weitere Snowboarder:innen aus dem Engadin zu nennen. Etwa Martina Tscharner, Halfpipe-Weltmeisterin und heute Wirtin auf der Segantinihütte. Oder Christian Haller, der bis vor Kurzem den Weltrekord für den höchsten Sprung mit einem Snowboard hielt (11,30 Meter). Oder Pepe Regazzi und Marco Bruni, zwei Snowboardlehrer, die sich in St. Moritz kennen lernten, Freestyle-Trainer wurden und Iouri Podladtchikov zum Olympiasieg coachten.

Franco Furger, Martina Tscharner und Michi Albin

Franco Furger, Martina Tscharner und Michi Albin

Franco Furger, Martina Tscharner und Michi Albin

UND WAS BRINGT DIE ZUKUNFT?

Inzwischen gibt es auch einige Freeski-Talente im Tal. Der neue Freestyle-Spirit hat mit dem Freeski World Cup am Corvatsch viel Schub erhalten. Aus diesem Event, der 2013 zum ersten Mal stattfand, entwickelte sich die Idee, die FIS Freestyle-WM ins Engadin zu holen. Es ist der nächste Meilenstein in der glorreichen Freestyle-Historie des Tals.

Nalu Nussbaum

Daniel Lanz

Mona Danuser

Daniel Lanz

Fernanda Becker

Andri Heimoz

Nalu Nussbaum

Daniel Lanz

Mona Danuser

Daniel Lanz

Fernanda Becker

Andri Heimoz

Nalu Nussbaum

Daniel Lanz

Mona Danuser

Daniel Lanz

Fernanda Becker

Andri Heimoz

Nächster Eintrag

Ausstellung: THIS MUST BE THE PLACE

Eine visuelle Reise zum Spirit und zur Kultur von Freestyle. Eine Hommage an Bewegung, Kreativität und die tiefe Verbindung zwischen Mensch und Berg.

Nächster Eintrag

FIS Snowboard, Freestyle und Freeski WM 2025

Weltmeisterschaften St.Moritz Engadin 2025

Nächster Eintrag

Halfpipe Snowboard - Finals

Corvatsch / Murtèl, Silvaplana

Nächster Eintrag

Halfpipe Freeski - Finals

Corvatsch / Murtèl, Silvaplana

Nächster Eintrag

Big Air Snowboard- Finals

Olympiaschanze, St. Moritz

Nächster Eintrag

Big Air Freeski - Finals

Olympiaschanze, St. Moritz